AT DAGGERS DRAWN - SERVING SORROW
Eintragen am: 07.08.2010
Es soll ja tatsächlich noch neue frische Ideen geben, allgemein und auch im Hardcore. Was auf cineastischer Ebene gerade in und zwischen den verschiedenen Traumebenen von Christopher Nolans Film "Inception" geboten wird oder hinter den Zeilen eines Werkes wie "Infinite Jest" von David Foster Wallace steckt, dass sind Ideen, die man dadurch generiert, dass man sich über etwas Gedanken macht und mit den Dingen, die einen umgeben, beschäftigt. Einen ähnlichen, wenn natürlich auch nicht so immens breit ausgeführten Ansatz haben auch die fünf Berliner von At Daggers Drawn gewählt und betten die Songs ihrer ersten Full-Length-Scheibe in eine kleine Geschichte ein, die im Verlauf der Platte erzählt wird. Das innovative Stück Musik nennt sich dabei "Serving Sorrow" und stellt eines der wenigen Alben im Genre des Hardcore dar, welches sich auch zurecht mit dem Titel des Konzeptalbums schmücken darf.
Mit diesem Wissen im Hintergrund ist man natürlich gespannt, wie die Umsetzung im Detail aussieht und was die noch junge Band, die sich 2008 gegründet hat, so zu erzählen hat. "Darkest Days" ist dann der Opener, und nachdem die quietschenden Tore der U-Bahn-Station geöffnet wurden, steigt man langsam und sehr intensiv in das Geschehen ein und einhergehend mit der trüben Erkenntnis, dass "every success is linked with the pain of thousands", und dem darauf folgenden Fluchtversuch aus dem Paradoxon der gesellschaftlichen Namenlosigkeit beginnt die Erzählerstimme von der dem Album zugrunde liegenden Story zu berichten und spricht dabei von Gedanken, irgendwann alles hinter sich zu lassen, von Selbstverleugnung, von Träumen und von der Welt, die so ist, wie wir sie verdienen. Und so spannt sich mit jedem Song, mit jedem einzelnen Wort des Sängers und des nüchtern referierenden Erzählers, der zwischen fast allen Songs und auch innerhalb derer auftaucht, mehr und mehr ein riesiger Bogen auf, der mittels einer enorm dichten Atmosphäre, welche geprägt ist von Desillusionierung, Verstörung und den dunklen Seiten des menschlichen Miteinanders, das gesamte Album umrahmt. Die Großstadt ist der Ort des Schauspiels und natürlich gibt es keinen geeigneteren Ort in der Welt in dem Menschen so nah aufeinander hocken und doch rein gar nichts miteinander zu tun haben, das Soziale sich so ins Gegenteil verkehrt. Leider ist die geschichtliche Darbietung ein wenig zu monoton geraten und hätte etwas mehr Abwechslung benötigt, um auch auf längere Sicht nicht einzustauben. Dennoch sind die düsteren Gedankengänge rund um "Serving Sorrow" sehr gelungen und ergeben mit der Musik ein kohärentes Bild.
Die musikalische Ebene betrachtend, so sieht man sich konfrontiert mit einem rockigen, melodischen und modernen Typ von Hardcore, der zumeist dramatisch inszeniert ist und dabei eine sägende Schroffheit innehat, die einen kaum kalt lässt. Passend dazu die reibende, raue Stimme des Frontmanns, der die lyrischen Leiden auf ein authentisches Level befördert und jedes Wort so klingen lässt, dass es verdammt nochmal auch so gemeint ist. Die Gitarren schleifen sich folgerichtig nur so in die Hirnrinde, und wenn man bei dem explosiven Finale des großartigen Songs "Raised Me Up, But Put Me Down" einfach mitgerissen wird, dann liegt das vorrangig an den berauschenden Melodien der beiden Sechssaiter. Dennoch kann das Gitarrenspiel nicht so richtig überzeugen und nutzt - die gesamte Spielzeit betrachtend - zu wenige Möglichkeiten, etwas mehr herauszustechen. So auch das Drumming, welches recht simpel gehalten wurde, was sich auf einer Seite sehr gut in den beabsichtigt karg und trocken klingenden Sound einpasst, aber dem ungeachtet schon etwas mehr liefern hätte können. Nichtsdestotrotz harmonieren die Instrumente ungemein gut miteinander und erzeugen z.B. in "Dyspnoea" ein Zusammenspiel, welches beinahe interaktiv erscheint und extrem mitreißend dargeboten wird. Insgesamt erinnert die Musik von At Daggers Drawn hier mal an Ruiner, da mal an die aktuellen Another Breath und immer auch an Modern Life Is War. Dabei besitzen ihre Songs eine enorm eigenständige Note und das Songwriting, welches sich der Geschichte fügt und keine abgenutzten Strukturen nutzt, wirkt geradezu unkonventionell, aber dadurch auch sehr abwechslungsreich und erfrischend. Wenn sich in "Matured Hearts & Distress Calls" die intensiven und gesprochenen Passagen immer wieder mit den schleppenden und alles niederwalzenden Parts abwechseln, dann ist das einfach großes Kino. Selbst die dazugehörige Produktion ist der dichten Stimmung angepasst und im positiven Sinne keineswegs perfekt: da hat man sich in der Tonmeisterei zu Oldenburg auf jeden Fall in den "eigentlichen" Sound von ADD hineingedacht und gute Arbeit geleistet.
"Serving Sorrow" ist ein großartiger Versuch, dem Hardcore der heutigen Zeit eine neue Ebene zu verleihen, und zwar eine authentische und ehrliche, eine, die sich dort wiederfindet, wo das wahre Leben spielt. Nicht irgendeine Szene oder irgendwelche Verräter sind Thema, sondern eine Vielzahl an Individuen, die sich - gebunden an unzählige Verpflichtungen und konfrontiert mit dem Guten und dem Schlechten in der Welt - durch das Leben kämpfen. At Daggers Drawn haben ein gutes Gespür für all das und können mit ihrem Debüt eine bemerkenswerte Platte präsentieren, die trotz kleinerer Mängel und dem Gefühl, dass da einfach noch mehr möglich ist, bisher eines der besten Alben des Jahres 2010 ist.
Mit diesem Wissen im Hintergrund ist man natürlich gespannt, wie die Umsetzung im Detail aussieht und was die noch junge Band, die sich 2008 gegründet hat, so zu erzählen hat. "Darkest Days" ist dann der Opener, und nachdem die quietschenden Tore der U-Bahn-Station geöffnet wurden, steigt man langsam und sehr intensiv in das Geschehen ein und einhergehend mit der trüben Erkenntnis, dass "every success is linked with the pain of thousands", und dem darauf folgenden Fluchtversuch aus dem Paradoxon der gesellschaftlichen Namenlosigkeit beginnt die Erzählerstimme von der dem Album zugrunde liegenden Story zu berichten und spricht dabei von Gedanken, irgendwann alles hinter sich zu lassen, von Selbstverleugnung, von Träumen und von der Welt, die so ist, wie wir sie verdienen. Und so spannt sich mit jedem Song, mit jedem einzelnen Wort des Sängers und des nüchtern referierenden Erzählers, der zwischen fast allen Songs und auch innerhalb derer auftaucht, mehr und mehr ein riesiger Bogen auf, der mittels einer enorm dichten Atmosphäre, welche geprägt ist von Desillusionierung, Verstörung und den dunklen Seiten des menschlichen Miteinanders, das gesamte Album umrahmt. Die Großstadt ist der Ort des Schauspiels und natürlich gibt es keinen geeigneteren Ort in der Welt in dem Menschen so nah aufeinander hocken und doch rein gar nichts miteinander zu tun haben, das Soziale sich so ins Gegenteil verkehrt. Leider ist die geschichtliche Darbietung ein wenig zu monoton geraten und hätte etwas mehr Abwechslung benötigt, um auch auf längere Sicht nicht einzustauben. Dennoch sind die düsteren Gedankengänge rund um "Serving Sorrow" sehr gelungen und ergeben mit der Musik ein kohärentes Bild.
Die musikalische Ebene betrachtend, so sieht man sich konfrontiert mit einem rockigen, melodischen und modernen Typ von Hardcore, der zumeist dramatisch inszeniert ist und dabei eine sägende Schroffheit innehat, die einen kaum kalt lässt. Passend dazu die reibende, raue Stimme des Frontmanns, der die lyrischen Leiden auf ein authentisches Level befördert und jedes Wort so klingen lässt, dass es verdammt nochmal auch so gemeint ist. Die Gitarren schleifen sich folgerichtig nur so in die Hirnrinde, und wenn man bei dem explosiven Finale des großartigen Songs "Raised Me Up, But Put Me Down" einfach mitgerissen wird, dann liegt das vorrangig an den berauschenden Melodien der beiden Sechssaiter. Dennoch kann das Gitarrenspiel nicht so richtig überzeugen und nutzt - die gesamte Spielzeit betrachtend - zu wenige Möglichkeiten, etwas mehr herauszustechen. So auch das Drumming, welches recht simpel gehalten wurde, was sich auf einer Seite sehr gut in den beabsichtigt karg und trocken klingenden Sound einpasst, aber dem ungeachtet schon etwas mehr liefern hätte können. Nichtsdestotrotz harmonieren die Instrumente ungemein gut miteinander und erzeugen z.B. in "Dyspnoea" ein Zusammenspiel, welches beinahe interaktiv erscheint und extrem mitreißend dargeboten wird. Insgesamt erinnert die Musik von At Daggers Drawn hier mal an Ruiner, da mal an die aktuellen Another Breath und immer auch an Modern Life Is War. Dabei besitzen ihre Songs eine enorm eigenständige Note und das Songwriting, welches sich der Geschichte fügt und keine abgenutzten Strukturen nutzt, wirkt geradezu unkonventionell, aber dadurch auch sehr abwechslungsreich und erfrischend. Wenn sich in "Matured Hearts & Distress Calls" die intensiven und gesprochenen Passagen immer wieder mit den schleppenden und alles niederwalzenden Parts abwechseln, dann ist das einfach großes Kino. Selbst die dazugehörige Produktion ist der dichten Stimmung angepasst und im positiven Sinne keineswegs perfekt: da hat man sich in der Tonmeisterei zu Oldenburg auf jeden Fall in den "eigentlichen" Sound von ADD hineingedacht und gute Arbeit geleistet.
"Serving Sorrow" ist ein großartiger Versuch, dem Hardcore der heutigen Zeit eine neue Ebene zu verleihen, und zwar eine authentische und ehrliche, eine, die sich dort wiederfindet, wo das wahre Leben spielt. Nicht irgendeine Szene oder irgendwelche Verräter sind Thema, sondern eine Vielzahl an Individuen, die sich - gebunden an unzählige Verpflichtungen und konfrontiert mit dem Guten und dem Schlechten in der Welt - durch das Leben kämpfen. At Daggers Drawn haben ein gutes Gespür für all das und können mit ihrem Debüt eine bemerkenswerte Platte präsentieren, die trotz kleinerer Mängel und dem Gefühl, dass da einfach noch mehr möglich ist, bisher eines der besten Alben des Jahres 2010 ist.
Pro
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Kontra
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