Hardcore, Punk & andere Turbolenzen Kolumne

KLINGELING: AB NACH 2014

Beginnen wollen wir mit meiner schwerst ausgeprägten Enttäuschung hinsichtlich des Comeback-Albums "What The.." von Black Flag ( www.partyausfall.de ). Klar, bei dem billigen Cover, den Stories rund um den Rauswurf von Ron Reyes durch Mike V (der Junge wird nie erwachsen - gut so!) und der Parallel-Black Flag-Kapelle um Keith Morris hätte man sich schon denken können, dass das siebte Album eher weniger Wert auf die Musik legt. Aber Black Flag standen halt schon immer etwas drüber, und auch wenn das zumeist an Henry Rollins lag, so hatte mein Punk Rock-Herz doch einfach noch ein kleines bißchen Hoffnung gehegt. Egal, um es kurz zu sagen: "What The..." saugt. Es pumpt keine Energie und leiert doch nervig aufgeregt vor sich her. Es badet sich in Monotonie und will doch so viel mehr als monoton sein. Es ist einfach Fehl am Platz - es gehört nicht in diese Welt, aber ich wüsste keine Zeit, in der die Platte relevant wäre. Wie Black Flag heute klingen sollten? Ich weiß es nicht und lege "Fix Me" auf.



Mit Sleaford Mods konnte ich vor kurzem noch eine der frischesten Truppen kennenlernen, geht es um Punk in einer neuen Form. Ja, Sleaford Mods sind für mich Punk, nur eben mit Laptop und ohne Band. Frontmann Jason Williamson spuckt seine desillusinierten Bars nur so aus, perfekt kalibriert zwischen bellender Wut und abgestumpfter Apathie. Wie britisch kann man eigentlich sein? Dazu scheppern und klimpern die kaputten Sounds, die auf vorausgehende Weise mehr nach Mülltonne als nach PC klingen. Verdammt rough und mehr Straße als Teer mit Streifen, immer mit trübem Blick auf die aktuellen Verhältnisse der britischen Gesellschaft, kam das Duo vor kurzem auch mal in Deutschland vorbei und rotzte seine Tracks nur so dem Publikum entgegen. Dranbleiben lohnt sich.



Ein freudiges Erlebnis vor nicht allzu langer Zeit war auch der Besuch der Good Riddance-Show in Stuttgart. Was habe ich ein paar Kumpels anno 2007 beneidet, als sie auf die damalige Abschiedstour der Kalifornier gingen und jene Berlin-Show NATÜRLICH das beste Konzert ihres Lebens war! Das Problem war: Ich hab´s ihnen ja geglaubt. Nun kamen die nicht mehr ganz so jungen Herren 2012 auf die Idee, nochmal ein paar Shows zu spielen, und so hatte ich doch noch das große Glück, zumindest einmal in meinem Leben meine Jugendhelden live zu sehen. Nach den beiden vernachlässigbaren Vorbands (aus vorweihnachtlichen Gründen seien diese an dieser Stelle nicht namentlich erwähnt) kamen Russ & Co. auf die Bühne und zockten knapp 90 Minuten ein dermaßen schickes Set herunter, dass es eine absolute Freude war. Die Interaktion zwischen Publikum und Band scheiterte zwar auf ganzer Linie (schlechte Witze, Dienstagabend, einfallslose Ansagen und nochmals schlechte Witze), aber musikalisch gab es ein kleines Feuerwerk mit vielen freudigen Gesichtern und einer Menge Spaß. Besonders am Schlagzeug gab es nur Tightes zu vernehmen, aber auch die wuseligen Melodien und rasierenden Riffs kamen alle auf den Punkt genau herausgeschossen - die Herren kennen ganz einfach ihr Handwerk. Insgesamt gab es Unmengen an Hits, die ich - trotz Fan-Boy sein - zum Teil erst in live als solche erkannt habe, und ein verdammt glückliches Publikum. Schönster Dienstagabend des Jahres.

Grund zur Vorfreude auf 2014 gefällig? Hell & Back haben bald eine neue Platte am Start, und zwar dies mal in Full Length. Ich hatte das Glück, bereits die neuen Songs zu hören und fuck! Es wird verdammt gut. Irgendwo zwischen deiner Lieblings-Skate Punk-Combo, den späten Title Fight und den besseren Hot Water Music-Tracks pumpen die Schwaben besten Punk Rock. Wer sie noch nicht kennt, für den gibt es anbei etwas zu hören und hier ( www.partyausfall.de ) noch was zu lesen. Du weißt!



Auch Expire, Mindset und andere Heroen aus den Jugendtagen wie Settle The Score, 7 Seconds, Throwdown oder Bane haben für 2014 Platten angekündigt, wobei bei es bei Bane nach ganzen 20 Jahren Bandgeschichte das letzte Album sein soll. "The Note" ist auch schon ewig alt, mal sehen ob sie noch einmal an ihren leidenschaftlichen Hardcore anschließen können, ich würde mir nichts lieber wünschen. Dazu noch eine Abschiedstournee, das wäre nice. Bane-Konzerte waren immer was besonderes, auch wenn Frontmann Aaron Bedard aufgrund tosenden Menschenmengen nicht immer die Kontrolle über das Mic behalten konnte - die fulminanten Songs machen das wett.

Mit mehr als nur einem traurigen Auge musste ich dieser Tage noch das anstehende Ende von Maroon vernehmen. Man kann von der Band halten was man will, als sie im Jahre 2002 mit "Antagonist" um die Ecke kamen, war für Hardcore-Deutschland ein neuer Meilenstein gesetzt. Dieser absolut alles zerreißende Metalcore, inhaltlich aufgeladen mit Straight Edge-Thematik und Veganismus, dazu die Gerüchte über das vermummte Stürmen diverser McDonalds-Läden, die der Band so auf den Touren innerhalb Deutschlands begegnet sind, und absolut grandiose Live-Shows, bei denen sie alles vernichtet haben, trugen alle dazu bei, dass Maroon für einige Jahre die Speerspitze der damaligen xSEx-Welle waren. Ihr Einfluss auf Szene und HC-Jugendkultur war immens und auch ihre späteren Alben nicht von schlechten Eltern. Deswegen "Hut ab" an die Band und ihr verdientes Standing und Ausschau halten für die Farewell-Shows in 2014.



Zum Abschluss bzw. Einstieg in die kommenden Festivitäten rund um das Fest der Liebe sei an dieser Stelle mit den überaus verzaubernden Ja, Panik abzuschließen. Die auf drei Mann geschrumpfte Ösi-Superband hat nicht nur in den letzten Jahren mit Indie Rock-Avantgarde-Alben namens "DMD KIU LIDT" oder "The Angst And The Money" aufgetrumpft, nein ihre wunderbar verpackte Haltung zum Kapitalismus der Jetzt-Zeit ist zumeist 20 Mal stärker in ihrer Musik verankert als es die letzten Ergüsse deiner Lieblings-Punkband waren. Im Januar 2014 steht nun das neue Album "Libertatia" an, welches vor einigen Tagen bereits den ersten Vorboten heraussendete. Ja, Panik singen von einem utopischen (und angeblich imaginären) Staat namens Libertatia, welcher unter der Flagge von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit auf Madagaskar im späten 17. Jahrhundert existiert haben soll. Und weil die Liebe zum Menschen - egal ob Mann oder Frau oder welcher Nation auch immer zugehörig - hier ganz klar im Mittelpunkt steht, soll damit auch der Sprung nach 2014 gewagt werden.

ONE WORLD - ONE LOVE - NO NATIONS

 

Bilder/Credits: thisisalbatross.com

Autor: KingpinRegistriert: 28.05.2004 - Verfasste Artikel: 347 - Forenposts: 757 - Alle Artikel anzeigen
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