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[Review] Thoughts Paint The Sky - Nicht mal mehr wir selbst

Verfasst: 05.12.2011, 14:28
von GotB
Thoughts Paint The Sky - Nicht mal mehr wir selbst

VÖ: 25.11.2011
Label: Midsummer Records (http://www.midsummer-records.de)

Bild

Tracklist:
01. Guten Appetit
02. Klavier, Klavier
03. Ein Gedicht
04. Ode To Self
05. Allerhöchste Eisenbahn
06. Don Quijote
07. Chaostheorie
08. Wunschkonzert
09. Rien Ne Va Plus
10. Lebewohl
11. Goldener Schnitt
12. Gemälde

Spieldauer: 43:51 min

Vor kurzem bekam ich Kritik, ich würde zu häufig die Phrase "Postcore" verwenden. Tja, nun stehe ich bei diesem Review gehörig auf dem Schlauch, denn selbige würde hier wie die Faust auf's Auge passen. Irgendwo zwischen dem und Screamo ist der Mix aus zumeist deutschsprachigem, mal gesprochenem mal geschrienem Gesang, Bass, Drums und Akustikgitarre angesiedelt, der tatsächlich so innovativ ist, wie im Promosheet angekündigt. "Nicht mal mehr wir selbst" lautet der Titel des neuen Albums von Thoughts Paint The Sky, die ihre Art des Musikmachens trotz mehrfacher Besetzungswechsel konsequent weiterführen und gerade deshalb so authentisch daherkommen. Zudem ist es schön, mal wieder eine Platte zu hören, die hundertprozentig polarisieren wird.

Denn schon beim Opener "Guten Appetit" fallen mir einige Leute ein, die die Scheibe wieder hastig aus der CD-Player-Schublade klauben würden, sobald der Song seinen Lauf nimmt. Die Verwendung der deutschen Sprache ist schließlich immer etwas heikel, da - gerade bei solch einer gut verständlichen Umsetzung wie bei TPTS - das Phänomen auftritt, dass das Gehörte irgendwie peinlich rüberkommt. Woran das liegt, kann ich mir nicht erklären - ich weiß aber wohl, dass die Problematik auf "Nicht mal mehr wir selbst" gekonnt umschifft wird. Die Texte von Sänger Daniel sind sowohl tiefgründig als auch eingängig und erinnern in ihrer Machart irgendwo an Turbostaat oder vereinzelt Antitainment, mit viel Ironie und Metaphern. Musikalisch wird das Ganze gekonnt verpackt von im weitesten Sinne Screamo, der dank der akustischen Umsetzung zwar sehr zahm rüberkommt, gleichzeitig aber genug Raum für Emotionsentladungen gibt und mit richtig atmosphärischen Klangflächen den dann geschrienen Worten Ausdruck verleiht.

Das nimmt dann manchmal doch sehr Pop-ige Züge an wie bei "Ein Gedicht", gleichzeitig findet man aber auch das Gaspedal und treibt Songs ordentlich voran, so wie "Wunschkonzert", das im letzten Drittel auch mit dezent verzerrten Gitarren angereichert wird. Ansonsten regiert im Sound von Thoughts Paint The Sky omnipräsent die musikalisch äußerst gekonnte Verbindung aus Drums, Bass und Akustikgitarre, die beständig groovende Arrangements schaffen. Dabei agiert man mit viel Understatement und weniger ist hier wirklich mehr, so dass man sich für die Ausbrüche in der Spannungskurve genug Zeit lässt und die gesamten Kompositionen sehr ausgefeilt wirken. An manchen Stellen hätte ich mir dann aber doch eine Prise mehr Härte gewünscht, vielleicht so mit einem schielenden Auge Richtung Escapado. Wie gut das in meinen Augen funktioniert zeigt "Goldener Schnitt", das nach einem verhaltenen Anfang, untermalt mit den Zeilen "Gedanken sind wie Fenster, man muss sie auch mal öffnen", dann doch gehörig Fahrt aufnimmt und einfach alles bietet, was ich mir von so einer Platte erwarte.

So gibt es zwar Kritik, die ist aber auf hohem Niveau. Alles in allem ist Thoughts Paint The Sky mit "Nicht mal mehr wir selbst" ein wirklich sehr gutes Album gelungen, das gefühlte ein Dutzend Durchgänge braucht, um alle seine Aspekte erfassen zu können. Denn obwohl die Songstrukturen durchaus simpel sind, so gibt es immer wieder kleine Finessen, hier eine Lead-Gitarre, die dezent ins Stereobild gemischt wurde, oder da eine Textzeile, die man plötzlich ganz anders verstehen kann, als zuvor. Sicherlich ist das hier alles andere als ein Album für die Massen - wenn man sich darauf einlässt, bekommt man aber etwas geboten, was man so noch nicht erlebt hat. Anhängern von bereits erwähnten Vertretern, Endnote, The Gauss Experience oder The Hirsch Effect auf jeden Fall dringend zu empfehlen.

Punkte: 8/10

Disko:
2011 - Nicht mal mehr wir selbst
2009 - Hier spielt die Musik
2007 - schlicht & ergreifend.
2007 - * EP
2006 - s/t
2005 - ...and the colour is your Choice EP

Links:
http://www.facebook.com/thoughtspaintthesky