VÖ: 2010
Label: DIY
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Tracklist:
01. The shores of Antarctica melt in the sun of plans and alienation
02. Thriftlessness
03. Shine
Spieldauer: 15:04
Kurze Vorgeschichte zu diesem Review: Von The Gauss Experience habe ich irgendwann letztes Jahr zum ersten Mal mitbekommen, als ich mir - sozusagen mit verbundenen Augen - ihr Album "Inside It Sleeps And Dreams" aus dem ausladenden "zu reviewen" - Stapel genommen habe, ohne auch nur mit dem Namen etwas anfangen zu können. Das ist eine interessante Herangehensweise, ist sie doch weit weg von dem "Ich nehme Band xyz, weil ich sie geil finde" und bietet so eigentlich immer Überraschungen. Sehr oft sind die negativer Natur, da man sich dann doch ärgert, warum man sich so 'nen Eintopf von einem Album an den Hals geholt hat. Positive gibt es aber genauso, so geschehen bei oben erwähntem Vertreter. Über Myspace (soziale Plattform der frühen 2000er Jahre) blieb man dann immer schön informiert, wie es sich eben gehört. Als dieses Netzwerk aber immer weiter in die Bedeutungslosigkeit abrutschte, verlor ich dann aber irgendwie den Anschluss - erst, als ich The Gauss Experience vor Kurzem auf Facebook mit deutlich (!) zu wenigen Likes (auch wenn man auf solches Maß als Unity-Musikjournalist eigentlich verzichten sollte) wiederentdeckte, war das Interesse geweckt, ob es da vielleicht mal wieder was Neues gäbe. Kurzer Gedankenaustausch mit der Band - Resultat: neue EP "1901" am Start, danke, die nehme ich. Okay, was heißt neu - Ende 2010 war es auch schon wieder, als diese drei Songs das Licht der Welt erblickten. Aber Gutes wird nicht alt, schon gar nicht Musik. Deshalb hier meine Zeilen zur Scheibe.
Sicherlich wird hier ein Nischenmarkt bedient, was genug Nachteile mit sich bringt - The Hirsch Effect wären da zu erwähnen, die man in eine ähnliche Schublade stecken kann. Studentencore könnte man es sicher nennen, wobei ich der Meinung bin, dass auch diese Schiene mit dem "kommerziellen" Erfolg von Bands wie La Dispute immer weiter auch einer breiteren Masse bekannt gemacht wird, dieser stark von Blues-Rock beeinflusster, teils avantgardistischer Post-Hardcore. Viel geändert hat sich bei The Gauss Experience seit "Inside It Sleeps And Dreams" (glücklicherweise) nicht, bis vielleicht auf die Tatsache, dass auf "1901" das Motto 'Klasse statt Masse' groß geschrieben wurde. Zwar war auch die letzte Veröffentlichung überdurchschnittlich gut, allerdings wirken die Kompositionen auf dieser auf drei Beiträge beschränkten Platte deutlich ausgefeilter. Das beginnt mit "The shores of Antarctica melt in the sun of plans and alienation" schon großartig - hier passiert in der ersten Minute schon mehr, als auf vielen Platten insgesamt. Gut finde ich dabei vor allem, dass sich die Jungs hier auf eine ihrer großen Stärken besonnen haben, nämlich die ausladenden, oft zweistimmig gesungenen Refrains. Dazwischen wird der Spannungsboden immer wieder extrem zurückgeholt und Kraft gesammelt für den nächsten.
Der zweite Song "Thriftlessness" schlägt da eine ähnliche Kerbe, auch wenn mir der anfänglich eingesetzte, irgendwie an Faith No More erinnernde Rap, nicht ganz so sehr zusagt. Aber schon mit dem darauffolgenden unerwarteten Stimmungswechsel ist das wieder ausgeglichen und es wird klar, wie gut auch wieder die technische Umsetzung ist. Gerade der Bass weiß mich wieder ungemein zu überzeugen, der bei The Gauss Experience so gekonnt wie bei kaum einer anderen Band in dem Genre eingesetzt wird - kein stupides Grundtöne Greifen, sondern einfach richtig gut und vielfältig.
Auch der Rausschmeißer "Shine" fällt kein bisschen gegen seine zwei Vorgänger ab. An sich ist es der wohl getragendste Beitrag auf "1901" und bleibt über weite Strecken rein instrumental. Trotzdem oder gerade deshalb: was hier für Stimmungen erzeugt werden, ist ganz groß und braucht sich vor bereits eingangs erwähnten Genrereferenzen nicht annähernd zu verstecken.
Irgendwie empfinde ich es immer als schwierig, solch eine Musik objektiv zu beschreiben, weil sie sicherlich auf jeden völlig anders wirken wird. Fakt ist auch, dass diese Scheibe - ähnlich dem Vorgänger - für viele Leser überhaupt nichts seien wird, da denen subjektiv zu viel oder zu wenig passiert, zu wenig Breakdowns oder 2steps drin sind und das ist auch gerechtfertig. Leute, die aber für melancholische Mucke von God Is An Astronaut über Break Even und La Dispute bis hin zu The Get Up Kids viel übrig haben, sollten unbedingt auch The Gauss Experience eine Chance geben. Denn diese Band hat meiner Meinung nach bei Weitem nicht die Beachtung, die sie bei dem Können und den Veröffentlichungen eigentlich haben sollte. Also: Reinhören!
Punkte: 8/10
Disko:
2010 - 1901 EP
2009 - Inside It Sleeps And Dreams
Links:
http://www.facebook.com/thegaussexperience