VÖ: 15.06.2012
Label: Epitaph Records (http://www.epitaph.com)
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Tracklist:
01. This is what I know about sacrifice
02. Outlive
03. Engine 45
04. Slipping away
05. The great unknown
06. Dark horse
07. White light
08. Thirty three
09. Face value
10. Deceiver
11. Test the limits
Spieldauer: 37:11 min
Es gibt so Bands, die veröffentlichen Alben, die ich Tag und Nacht abfeiern könnte. Da lasse ich dann auch nichts rankommen, poste den lieben langen Tag Videos bei Facebook und kaufe mir auf Shows am überteuerten Merchstand Shirt und Zipper im selben Design, damit ich bei steigenden Temperaturen den Zipper aufmachen kann und alle durch das darunterliegende Shirt trotzdem noch den Print lesen können. Gut, das stimmte so jetzt nicht (obwohl dieses Phänomen tatsächlich schon gesichtet wurde), allerdings weiß man jetzt, worauf ich hinaus will. Eines dieser Outfits sind THE GHOST INSIDE. Und dass es da nicht nur mir so geht, ist durch den erheblichen Fanzuwachs in der letzten Zeit sehr klar geworden. Aber warum auch nicht, schließlich hatte man bis dato zwei wirklich starke Platten sowie eine unheimliche Livepräsenz im Gepäck. Nun erscheint das lang ersehnte dritte Album "Get What You Give" und etwas mulmig ist mir dann doch, als ich das erste Mal den Finger auf den Play-Button bewegte.
Schließlich wurden bislang drei Tracks veröffentlicht, die mich stellenweise einfach vom Hocker geblasen hatten, was immer die gewisse Befürchtung weckt, dass man da vorab schon alle Highlights verschossen hatte, um entsprechende Nachfrage nach der Platte zu erzeugen.
"Get What You Give" beginnt mit "This is what I know about sacrifice" und selbiges klingt schon wieder so dermaßen nach THE GHOST INSIDE, als läge "Returners" gerade einmal eine Woche zurück. Denn eindringliche Einzeiler treffen auf Bassdrop-geschwängerte Breakdowns, was ja wohl zu einem der großen Markenzeichen geworden ist. Nach eineinhalb Minuten leitet das Quasi-Intro aber schon direkt in Song Nummer zwei "Outlive" über.
Diesen gab es bereits zu hören und so begegnet einem wie erwartet druckvoller melodischer Hardcore, der auch textlich genau das bedient, was man erwartet und hören will: "I don't care what they say / I've made the choice for me / But this time / I stand for this". Das THE GHOST INSIDE-Feeling ist sofort wieder da und abermals wurden einige schöne Breakdowns aus den Fingern gezaubert.
Aber natürlich ist das nicht alles und mit "Engine 45" folgt die erste wirkliche Überraschung im Soundgewand.
Fängt der Song noch klassisch 2steppend an, so setzt es im Refrain Clean-Vocals. Oha. Dieser Tatbestand ließ mich beim ersten Hören schon mit etwas verdutztem Gesicht zurück, hätte ich das doch nicht unbedingt erwartet. Entwarnung für all diejenigen, die "Engine 45" noch nicht gehört haben: kein Kastraten-Autotune wie bei ESKIMO CALLBOY (Um Himmels Willen, was für eine grauenhafte Vorstellung)! Das Ganze geht eher in die ARCHITECTS-Ecke und steht dem THE GHOST INSIDE-Sound eigentlich ganz gut zu Gesicht. Zudem wird die Clean-Stimme zumeist noch von Jonathan Vigil's typischem Organ gedoppelt und somit hält sich die Umgewöhnung am Ende des Tages dann doch in Grenzen. Spätestens dann, wenn im Song Breakdown, ein vorbeirauschender Zug und die Textzeile "Like a freight train!" zusammentreffen. Ganz groß!
Mit "Slipping away" wird unmittelbar die Riege der bereits bekannten Songs komplettiert, wobei selbiger in meinen Augen das absolute Highlight bislang ist. Zum einen verbindet er alle Trademarks gekonnt und wartet mit einem melodischen Mittelteil auf, der einem das Herz öffnet, nur um mit "My innocence is gone!" dann wieder die Fresse zu polieren.
Das folgende "The great unknown" ist abermals klassisch THE GHOST INSIDE und wartet mit Songwriting auf, mit dem man einfach nichts falsch machen kann. Viele werden sagen, dass man sich wiederholt und die gleichen Songs wie auf den vorherigen zwei Alben schreibt. Und das stimmt auch. Warum aber sollte das schlecht sein, wenn eine Band innerhalb von vier Jahren einen Sound erschaffen hat, für den sie selbst der Inbegriff geworden sind? Zudem kann man die immense Livewirkung von "The great unknown" schon jetzt abschätzen.
Kommen wir aber zu einem weiteren Höhepunkt auf "Get What You Give": "Dark horse", welches wieder einmal ein Song ist, der einiges anders macht. An ein extrem catchy Intro-Riff reiht sich druckvolles Drumming und abermals ein clean gesungener Chorus. Der mündet immer wieder in unmöglich fette Breakdowns, ohne dabei stumpf und unvariabel zu klingen. Wie gut die Clean-Vocals in den THE GHOST INSIDE-Sound passen, wird dann im hinteren Drittel klar, wo er sich mit den Lead-Gitarren perfekt ergänzt. Stark!
Ich werfe kurz einen Blick auf die Wörterzahl dieses Reviews und das Album geht direkt in den nächsten Song "White light" über, der abermals grandios ist. Die typisch positive Grundaussage, gepaart mit kraftvollem Songwriting im Verse und enorm vielschichtigen Arrangements im Refrain. Plötzlich ist Ruhe und man wird mit einer einzelnen Gitarre allein gelassen, bevor man mit Gänsehaut und Meeresrauschen zum Ende kommt.
"Thirty three" und "Face values" lassen die Qualitätskurve abermals nicht einbrechen. Während ersterer vor allem durch den starken Endteil überzeugt, so klingt "Face values" hingegen wieder untypisch, gerade durch die gefeatureten Vocals im hinteren Drittel. Diese stammen - man möge mich steinigen, sollte ich hier falsch liegen - von COMEBACK KID's Andrew Neufeld und bieten in Anbetracht des doch gehörig unterschiedlichen Timbres im Vergleich zu Jonathan Vigil einen schönen Kontrastpunkt.
Das vorletzte "Deceiver" kommt über die drei Minuten Spielzeit gefühlt ausschließlich mit Leersaiten aus, ist dabei ziemlich brutal und spuckt einem die Wut mit jeder Textzeile direkt ins Gesicht.
Und als ob es nicht genug wäre, warten THE GHOST INSIDE zum Ende hin noch einmal mit einem Highlight auf. "Test the limits" bietet extrem cooles Riffing und wirkt insgesamt so ein bisschen wie das "Unspoken" von "Get What You Give". Es ist einfach alles dabei und noch genau da, wo es sein sollte - ich kann da einfach nichts anderes zu sagen.
"Get What You Give" ist abermals ein unfassbar gutes Album geworden. Ich hätte nicht gedacht, dass sich THE GHOST INSIDE nach "Returners" noch steigern könnten bzw. hätte eher vermutet, dass man den Weg genau so weitergehen würde. Die neuen Einflüsse wie Cleangesang oder stellenweise doch sehr untypische Gitarrenriffs sind sicherlich gewagt. Gerade beim Gesang hat man aber einen völlig richtigen Weg gewählt: nicht zuviel, nicht zu mainstream und vor allem nach wie vor authentisch. Irgendwie ist das Jahr 2012 bislang bitter, weil ich immer wieder mit den Wertungen ringen muss, es wäre schließlich bereits die dritte 10 von 10. Aber was soll's: ich bin der Überzeugung, dass "Get What You Give" das stärkste Album von THE GHOST INSIDE ist und nachdem ich "Returners" geliebt habe, bleibt mir einfach nichts anderes übrig. Ich bin sehr gespannt, wie sich die Band weiterhin entwickeln wird, gerade in Anbetracht der sanften Innovation, die man auf "Get What You Give" begonnen hat. Auf jeden Fall eine unbedingte Empfehlung für jeden Anhänger des Melodic Hardcore und Metalcore und ein absoluter Pflichtkauf!
Punkte: 10/10
Disko:
2012 - Get What You Give
2010 - Returners
2008 - Fury And The Fallen Ones
Links:
http://www.facebook.com/theghostinside