[Review] Mio - Jedes Wort eine Lüge

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Kingpin
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[Review] Mio - Jedes Wort eine Lüge

Beitrag von Kingpin »

Mio - Jedes Wort eine Lüge

VÖ: 17.03.2012
Labels: Moment of Collapse (http://www.momentofcollapse.com) &
Shark Men Records (http://www.facebook.com/sharkmenrecords)

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Tracklist
01. Unbehagen
02. Von den Toten
03. Leb langsam, stirb schnell
04. Bis Zum Hals
05. Hin und Wider

Laufzeit: 21:27 min

Eine mehr als ordentliche Screamo-Scheibe bekommt man mit dem neuen Output von Mio geboten. Stets in den musikalischen Gefilden der 90er stöbernd, fabrizieren die drei Leipziger ein brachiales Werk mit durchdachten Songs, deutschen Lyrics und einer ausgedehnten Laut-Leise-Ästhetik.

„Jedes Wort eine Lüge“ lässt schon mittels des Titels auf die wütende Atmosphäre der Platte schließen, und jene offenbart sich dann auch recht zügig. Nachdem auf „Unbehagen“ mit rasierenden Riffs eine obskure Stimmung erschaffen wird, werden nach knapp 80 Sekunden erst einmal leisere Töne angespielt, die mit schleppenden Drums untermalt werden. Dazu passend werden die Lyrics ungemein monoton dazwischen gebrüllt und ergeben mit der roughen Soundgewand zusammen das Abbild reinster Verzweiflung. Auch wenn die Texte teilweise etwas zu bruchstückhaft daherkommen und eher als mittelklassige Poesie durchgehen, funktionieren sie innerhalb der depressiven Stimmung auf „Jedes Wort eine Lüge“ sehr gut und drücken einen beklemmenden Ekel vor allem und jedem aus. Ein Manko der Platte ist der zu geringe Abwechslungsreichtum, der einige Songs vorhersehbar macht und zumindest Überraschungen in dem Sinne, dass die Band wirklich ideenreich zu Werke geht, vermissten lässt.

„Leb schnell, stirb langsam“ ist dann noch einmal ein Track, der ohne Vorwarnung von leise-melodisch über in eine alles wegrotzende Gitarrenwand springt, die hinten raus an Fahrt gewinnt und sogar kurz Sportfreunde Stiller zitiert: „Wer, wenn nicht wir / Wann, wenn nicht jetzt / Wo, wenn nicht hier“. Das großartige Finale der EP bestreitet der bereits Mitte 2010 veröffentlichte Track „Hin und Wider“, der auf Melodien und Lyrics von WIZO basiert und zu Beginn einen stampfenden Hass zelebriert, der höllengleich vor sich hin wandelt, am Ende jedoch einer Schönheit frönt, die allein zum Sterben einlädt.

„Jedes Wort eine Lüge“ ist deftige Kost, die schwer im Magen liegt und aufwühlt, beinahe gar verstört. Der hingerotze Sound, der das Zusammenspiel von zarten sowie abstrusen Melodien, schrammeligen Riffs und harten Ausbrüchen perfekt auffängt, verwandelt zusammen mit der authentischen Stimmung die EP in ein ansprechendes Werk. Erinnert wird man dabei an June Paik, Funeral Diner oder Portraits Of Past, wobei Mio eine Spur härter, kantiger daherkommen. Pluspunkte gibt es zudem für die Nutzung von solch wunderschönen deutschen Ausdrücken wie "nackte Erbärmlichkeit" oder "warmer Geifer" und das schicke Design der Platte, welches ein handgefertigtes Vinyl-Etching beinhaltet. Abschließend ist zu sagen, dass jeder Screamo-Fan mal in die EP der Leipziger reinhören sollte, und auch Genre-Fremde Wohlgefallen daran finden könnten. Ein beklemmendes Stück Musik.

Punkte: 07/10

Discographie
2012 - Jedes Wort eine Lüge EP
2010 - Split w/ Captain, Your Ship Is Sinking
2009 - Split w/ Duct Hearts
2009 - Ausserhalb EP

http://www.facebook.com/mioband
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