Unterstützt uns im Kampf um den Erhalt des Besetzten Haus Erfurt!
Kommt zur Demonstration am 22. November 2008 um 13.00 Uhr auf den Bahnhofsvorplatz Erfurt!
Hände weg vom Besetzten Haus in Erfurt!
Besetzte Häuser sind bundesweit mittlerweile so selten geworden, dass mensch sie an einer Hand abzählen kann. Auch legale selbstverwaltete Hausprojekte sind meist latent von der Schließung bedroht. Im April 2001 wurde ein Teil des ehemaligen Topf & Söhne- Geländes in Erfurt besetzt. Seit Oktober diesen Jahres ist das Gelände vom Abriss bedroht. Das Grundstück wurde bis zum Beginn des Jahres 2007 notverwaltet und dann an die Domicil Hausbau GmbH und Co KG aus Mühlhausen verkauft. Nachdem der Notverwalter die Besetzung geduldet hatte, kündigte der neue Besitzer Herr Golla nach einer kurzen Zeit der Duldung nun an, dass er alle Gebäude auf dem besetzten Areal so schnell wie möglich abreißen will. Geplant ist an ihrer Stelle ein Gewerbe- und Wohngebiet anzusiedeln.
Das Gelände - J. A. Topf & Söhne
Auch alle restlichen Gebäude auf dem Gelände sollen abgerissen werden, mit Ausnahme des ehemaligen Verwaltungsgebäudes der Firma Topf & Söhne. Hier soll ein Geschichtsort entstehen, der schon seit Ende der 90er von verschiedenen Gruppen in Erfurt - und seit 2001 auch von den Besetzer_innen - gefordert wird. Die Firma hatte im Nationalsozialismus Krematorien für Konzentrations- und Vernichtungslager wie Buchenwald und Auschwitz produziert und ist damit eines der bedeutendsten Beispiele für die Beteiligung der zivilen Industrie am Holocaust. Mit der Besetzung eines Teils des ehemaligen Firmengeländes war der Beschluss verknüpft, sich mit deren Geschichte kritisch auseinanderzusetzen und die Bemühungen um einen Geschichtsort zu unterstützen.
Häuserkampf vor der Besetzung
In Erfurt hatte es vor dieser Besetzung drei Jahre lang kein linkes selbstverwaltetes Zentrum gegeben. Nachdem das legale Hausprojekt "Korax" von der Stadt geschlossen wurde, hatte es von der Stadt zwar Versprechungen für ein neues Projekt gegeben, jedoch wurde kein geeignetes Objekt vorgeschlagen. Deshalb beschlossen die Leute, sich nicht mehr auf die Stadt zu verlassen und besetzten leerstehende Häuser. Nach mehreren gescheiterten Versuchen glückte dann die Besetzung eines Teils des ehemaligen Topf & Söhne- Geländes.
Besetztes Haus Erfurt - ein soziokulturelles und politisches Projekt
Im Laufe der Jahre entstanden hier jede Menge Wohnraum, ein Bauwagenplatz, Konzert- und Partyräume, Bandproberäume, ein Infoladen/Lesecafe, ein Kino, ein Umsonstladen, Werkstätten, ein Sportraum und eine "Küche für alle". Weiterhin bietet das Besetzte Haus Raum für politische Gruppen und wird selbst politisch aktiv. Vor dem Hintergrund, dass sich das Projekt auf einem Ort befindet, an dem die Täter des Holocaust aktiv waren, wird sich mit der Geschichte der Firma Topf & Söhne auseinandergesetzt. Auf den öffentlichen Veranstaltungen und Rundgängen über das Gelände wird besonders die freiwillige engagierte Beteiligung der normalen deutschen Bevölkerung an der technischen Umsetzung der massenhaften Menschenvernichtung herausgearbeitet. Ebenso wird aufgezeigt, dass Antisemitismus, Rassismus, Lohnarbeit als Lebensmittelpunkt und einziger anerkannter Lebensunterhalt sowie das Abdelegieren von Verantwortung nach "Oben" ausschlaggebend für die Beteiligung der Mitarbeiter_innen von Topf & Söhne waren. Das Besetzte Haus versucht durch Unterstützung der Kritik an den oben genannten gesellschaftlichen Mechanismen in der heutigen Gesellschaft rechte Tendenzen zurück zu drängen. Davon unabhängig versuchen die Besetzer_innen Kritik an gesellschaftlichen Strukturen wie Sexismus, Homophobie und Kapitalismus an die Öffentlichkeit zu bringen. Im Projekt wird versucht diese Kritik bestmöglich praktisch umzusetzen, wobei diesem Vorhaben durch gesellschaftliche Rahmenbedingungen Grenzen gesetzt sind. Wichtig ist uns deshalb eine Veränderung der Gesellschaft anzustreben und nicht nur eine widerspruchsfreie "Nische im System" zu schaffen. Nichtsdestotrotz ist das Besetzte Haus für viele Leute ein wichtiger Rückzugsort weil hier Nazis nicht geduldet und Menschen unterstützt werden, die von sexistischen oder rassistischen Übergriffen bedroht sind. Auch Leute die sich kulturelle Veranstaltungen oder Konzerte oft nicht leisten können, werden hier weitaus weniger ausgeschlossen. Projekte dieser Art besitzen in Thüringen Seltenheitswert. Diesen linken, selbstverwalteten Raum zu erhalten ist umso wichtiger, weil es auch in Thüringen ein Erstarken rechter Tendenzen gibt.
Stadtentwicklung - Dem Kapitalismus den Weg bereiten
Hierzu gehört neben der stärker werdenden Organisierung der rechten Szene die Verdrängung von Subkulturen und Minderheiten aus dem öffentlichen Raum und die stetigen Kürzungen im Bereich der alternativen Kultur. So wurde im Sommer 2008 das Trinken von Alkohol in der Erfurter Innenstadt verboten. Diese Maßnahme richtet sich vor allem gegen einen langjährigen Treffpunkt der Alternativen- und Punkszene hinter der Krämerbrücke, einem beliebten Tourist_innenziel. Auch die Streichung der Fördergelder für das Erfurter Kunsthaus und andere Orte für zeitgenössische Kunst, wie das Cafe Togo, das Grüne Haus und der Kinoclub Hirschlachufer, ist symptomatisch für eine Kulturpolitik, die allein die Rentabilität in den Mittelpunkt stellt. Diese Politik ist Teil einer neoliberalen Ideologie die mittlerweile auch in Erfurt angekommen ist. Das Ziel dieser Ideologie besteht darin, bestmögliche Bedingungen für die Wirtschaft zu schaffen und möglichst viele gesellschaftliche Teilbereiche unter das Dekret kapitalistischer Konkurrenz zu stellen. Voraussetzung dafür ist die Annahme, die Wirtschaft regele alle Belange am besten. Zur Durchsetzung gehört dann eine ordentliche und saubere Stadt, ohne herumlungernde Subkulturen die beim Konsumieren stören und die Verringerung oder gar Einstellung von Förderungszahlungen an Kunst und Kultur, die sich nicht zu lohnen scheint. Es gilt alles zu kontrollieren und für den freien Markt nutzbar zu machen.
Verein als Bedingung für ein Alternativobjekt
Dem gegenüber steht das Besetzte Haus, ein Projekt, das sich nicht kontrollieren lässt und sich auch nicht an bürokratische Spielregeln hält. So verwundert es auch nicht, dass die Stadt zwar Verhandlungsbereitschaft signalisiert, diese jedoch an die Bedingung einen Verein zu gründen knüpft. Die Gründung eines Vereins würde jedoch das Ende des Projekts in seiner jetzigen Form bedeuten, denn mit einer Vereinsstruktur würden sich unweigerlich Hierarchien unter den Bewohner_innen herausbilden. Wir aber wollen, dass das Besetzte Haus ein selbstverwalteter Ort bleibt. Wir wollen das Projekt in seiner jetzigen Form erhalten - selbstverwaltet, hierarchiearm und an den Bedürfnissen der Nutzer_innen orientiert.
Wir bleiben alle!
Die nahezu perfekte Lage des Projektes und die jahrelange Kraft und Hoffnung, die wir in den Aufbau der Räumlichkeiten gesteckt haben sind wichtige Gründe für uns, an dem Verbleib des Projektes auf dem ehemaligen Topf & Söhne- Gelände festzuhalten. In einer Zeit von mehr als sieben Jahren ist die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Geländes zu einem wesentlichen Bezugspunkt für uns geworden. Über sieben Jahre haben wir unsere Kraft, Phantasie und Träume in diesen Ort gesteckt und ein soziokulturelles Zentrum mit breiter Ausstrahlung geschaffen - das werden wir nicht einfach aufgeben.
Unterstützt uns im Kampf um den Erhalt des Besetzten Haus Erfurt!
Kommt zur Demonstration am 22. November 2008 um 13.00 Uhr auf den Bahnhofsvorplatz Erfurt!
Die Besetzer_innen eines Teils des ehemaligen Topf & Söhne Geländes