Sympathie für Rechtsextreme
Verfasst: 28.03.2005, 21:37
Sympathie für Rechtsextreme
26.03.2005
(BM)Jeder zehnte Berliner überlegt, bei den nächsten Wahlen seine Stimme einer rechtsextremen Partei zu geben. Etwa sechs Prozent der Hauptstädter haben ein mehr oder weniger gefestigtes rechtsextremes Weltbild. In Brandenburg liegen die Zahlen zum Teil weitaus höher.
Das geht aus einer Untersuchung zum Thema Rechtsextremismus in Berlin und Brandenburg hervor, die Wissenschaftler der Freien Universität (FU) in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa über mehrere Monate hinweg durchgeführt haben. Gestern stellten Vertreter der FU gemeinsam mit Forsa-Chef Manfred Güllner die Ergebnisse der Untersuchung vor.
Wie FU-Professor Oskar Niedermayer dabei erläuterte, wurden 2000 Berliner und Brandenburger befragt. Dabei legten die Initiatoren der Befragung sechs Kriterien für ein rechtsextremes Weltbild fest: Befürwortung einer rechtsautoritären Struktur, übersteigerter Nationalismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Verharmlosung des Nationalsozialismus.
Zu jedem Kriterium wurden die Befragten mit einer These konfrontiert, die sie befürworten oder ablehnen konnten. Die Antworten ergaben zum Teil ein erschreckendes Bild. Beispiel Sozialdarwinismus: Der provokanten These "Es gibt wertvolles und unwertes Leben" stimmten 16 Prozent der Berliner und sogar 27 Prozent der Brandenburger zu.
Auch die Zeit des Nationalsozialismus sehen, wie die Befragung ergab, etliche Berliner und Brandenburger eher positiv. Zwölf Prozent aller Berliner (Brandenburg 24 Prozent) zeigten sich aufgeschlossen für die These, wonach es in Deutschland auch heute wieder einen Führer geben sollte, der "zum Wohle aller mit harter Hand regiert". Und 15 Prozent der Befragten in der Hauptstadt sowie 20 Prozent der Märker vertraten die Ansicht, der Nationalsozialismus habe auch seine guten Seiten gehabt.
Die Untersuchung machte darüber hinaus deutlich, daß Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus weiterhin ein ernst zu nehmendes Problem sind. Der These "Die Nasen haben zuviel Einfluß", Lieblingssatz aller Antisemiten, stimmte sowohl in Berlin wie auch in Brandenburg jeder Sechste zu.
Noch höher lag die Zustimmung beim Kriterium Ausländerfeindlichkeit. "Wenn Arbeitsplätze in Deutschland knapp werden, sollte man die Ausländer nach Hause schicken", lautete die These. Zustimmung gab es von 20 Prozent der Berliner und 31 Prozent der Brandenburger.
Bei der Studie wurde auch nach der Haltung zur Demokratie gefragt. Offen antidemokratisch äußerten sich dabei drei Prozent der Berliner und fünf Prozent der Brandenburger. Und jeder vierte Hauptstädter bekannte sich zwar grundsätzlich zur Demokratie, befand allerdings, daß in der Praxis einiges im Argen liege.
Ungeachtet aller bei der Befragung zutage getretenen Symphatien für rechtsextremes Gedankengut halten die Initiatoren einen großen Erfolg rechter Parteien bei den nächsten Wahlen für eher unwahrscheinlich. "Die Untersuchung brachte das überraschende Ergebnis, daß ein rechtsextremes Weltbild bei vielen Menschen nicht automatisch auch zu einem entsprechenden Wahlverhalten führt", begründete FU-Professor Richard Stöss, Mitinitiator der Untersuchung, diese Auffassung.
Die Ergebnisse der Befragung geben ihm offenkundig recht. Befragt, welche Partei sie wählen würden, gaben mehr als die Hälfte aller bei der Untersuchung als rechtsextrem eingestuften Personen in Berlin an, für SPD (30 Prozent) , CDU (26 Prozent) oder PDS (7 Prozent) zu stimmen.
Oft geäußerte Befürchtungen, der Rechtsextremismus infiziere immer häufiger junge Menschen, wurden durch die Untersuchung deutlich widerlegt. Nur fünf Prozent der 15- bis 25jährigen äußerten sich positiv zu den vorgebrachten Thesen. Bei den über 60jährigen waren es dagegen mehr als 15 Prozent. Eine weitere Erkenntnis der Studie: Je höher der Bildungsstand, desto geringer die Anfälligkeit für rechtes Gedankengut.
Aufklärung gegen rechts
(BM)Die Ergebnisse der Rechtsextremismus-Umfrage unter 2000 Berlinern und Brandenburgern sind besorgniserregend. Denn immerhin tragen sich zehn Prozent der Befragten mit dem Gedanken, ihre Stimme bei der nächsten Wahl einer rechtsextremen Partei zu geben. Erschreckend ist auch, wie viele Menschen Thesen auf den Leim gehen, die antisemitisch und ausländerfeindlich geprägt sind oder den Nationalsozialismus verherrlichen. Ohne einer tiefergehenden Ursachenforschung vorgreifen zu wollen, liegt es auf der Hand, wie dieses Problem angegangen werden muß: Mit historischer Aufklärungs- und politischer Bildungsarbeit. Die sollte schon in den Schulen viel intensiver betrieben werden. Aber auch die demokratischen Parteien täten gut daran, Ursachen, Realität und Folgen des Nationalsozialismus stärker zu thematisieren. Schließlich ließen jüngst sogar mehrere Bezirksbürgermeister (alle Mitglieder in großen Volksparteien) auf diesem Gebiet Wissenslücken erkennen.
Braunes Gedankengut
(Berliner Zeitung)Für ihre Studie befragten die beiden Politik- und Sozialwissenschaftler Richard Stöss und Oskar Niedermayer 2 000 Menschen. Jeweils rund 500 davon kamen aus Ost- und aus WestBerlin, aus dem "Speckgürtel" direkt um Berlin und aus den stadtfernen Teilen des Landes Brandenburg.
In Berlin stellten sie dabei keine Unterschiede in der Verteilung rechts- extremer Weltbilder fest: sechs Prozent in Ost und West. In dem Teil Brandenburgs in der unmittelbaren Umgebung von Berlin liegt der Anteil der Menschen mit einem rechten Weltbild bei neun Prozent, an den äußeren Grenzen Brandenburgs bei 13 Prozent.
Das Wahlverhalten der Menschen mit rechtsextremer Gesinnung bildet sich in Umfragen oft nicht korrekt ab. Auf die Frage, welche Partei sie am nächsten Sonntag wählen würden, antworteten die meisten (30 Prozent) der Menschen mit einem rechtsextremen Weltbild "SPD". Andere Antworten gab es auf die weniger direkte Frage "Würden Sie unter Umständen eine rechte Partei wählen?" Hier bekannten sich 26 Prozent der Berliner und 31 Prozent der Brandenburger Extremen zu ihrer Gesinnung.
Quelle: BM, Berliner Zeitung
26.03.2005
(BM)Jeder zehnte Berliner überlegt, bei den nächsten Wahlen seine Stimme einer rechtsextremen Partei zu geben. Etwa sechs Prozent der Hauptstädter haben ein mehr oder weniger gefestigtes rechtsextremes Weltbild. In Brandenburg liegen die Zahlen zum Teil weitaus höher.
Das geht aus einer Untersuchung zum Thema Rechtsextremismus in Berlin und Brandenburg hervor, die Wissenschaftler der Freien Universität (FU) in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa über mehrere Monate hinweg durchgeführt haben. Gestern stellten Vertreter der FU gemeinsam mit Forsa-Chef Manfred Güllner die Ergebnisse der Untersuchung vor.
Wie FU-Professor Oskar Niedermayer dabei erläuterte, wurden 2000 Berliner und Brandenburger befragt. Dabei legten die Initiatoren der Befragung sechs Kriterien für ein rechtsextremes Weltbild fest: Befürwortung einer rechtsautoritären Struktur, übersteigerter Nationalismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und Verharmlosung des Nationalsozialismus.
Zu jedem Kriterium wurden die Befragten mit einer These konfrontiert, die sie befürworten oder ablehnen konnten. Die Antworten ergaben zum Teil ein erschreckendes Bild. Beispiel Sozialdarwinismus: Der provokanten These "Es gibt wertvolles und unwertes Leben" stimmten 16 Prozent der Berliner und sogar 27 Prozent der Brandenburger zu.
Auch die Zeit des Nationalsozialismus sehen, wie die Befragung ergab, etliche Berliner und Brandenburger eher positiv. Zwölf Prozent aller Berliner (Brandenburg 24 Prozent) zeigten sich aufgeschlossen für die These, wonach es in Deutschland auch heute wieder einen Führer geben sollte, der "zum Wohle aller mit harter Hand regiert". Und 15 Prozent der Befragten in der Hauptstadt sowie 20 Prozent der Märker vertraten die Ansicht, der Nationalsozialismus habe auch seine guten Seiten gehabt.
Die Untersuchung machte darüber hinaus deutlich, daß Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus weiterhin ein ernst zu nehmendes Problem sind. Der These "Die Nasen haben zuviel Einfluß", Lieblingssatz aller Antisemiten, stimmte sowohl in Berlin wie auch in Brandenburg jeder Sechste zu.
Noch höher lag die Zustimmung beim Kriterium Ausländerfeindlichkeit. "Wenn Arbeitsplätze in Deutschland knapp werden, sollte man die Ausländer nach Hause schicken", lautete die These. Zustimmung gab es von 20 Prozent der Berliner und 31 Prozent der Brandenburger.
Bei der Studie wurde auch nach der Haltung zur Demokratie gefragt. Offen antidemokratisch äußerten sich dabei drei Prozent der Berliner und fünf Prozent der Brandenburger. Und jeder vierte Hauptstädter bekannte sich zwar grundsätzlich zur Demokratie, befand allerdings, daß in der Praxis einiges im Argen liege.
Ungeachtet aller bei der Befragung zutage getretenen Symphatien für rechtsextremes Gedankengut halten die Initiatoren einen großen Erfolg rechter Parteien bei den nächsten Wahlen für eher unwahrscheinlich. "Die Untersuchung brachte das überraschende Ergebnis, daß ein rechtsextremes Weltbild bei vielen Menschen nicht automatisch auch zu einem entsprechenden Wahlverhalten führt", begründete FU-Professor Richard Stöss, Mitinitiator der Untersuchung, diese Auffassung.
Die Ergebnisse der Befragung geben ihm offenkundig recht. Befragt, welche Partei sie wählen würden, gaben mehr als die Hälfte aller bei der Untersuchung als rechtsextrem eingestuften Personen in Berlin an, für SPD (30 Prozent) , CDU (26 Prozent) oder PDS (7 Prozent) zu stimmen.
Oft geäußerte Befürchtungen, der Rechtsextremismus infiziere immer häufiger junge Menschen, wurden durch die Untersuchung deutlich widerlegt. Nur fünf Prozent der 15- bis 25jährigen äußerten sich positiv zu den vorgebrachten Thesen. Bei den über 60jährigen waren es dagegen mehr als 15 Prozent. Eine weitere Erkenntnis der Studie: Je höher der Bildungsstand, desto geringer die Anfälligkeit für rechtes Gedankengut.
Aufklärung gegen rechts
(BM)Die Ergebnisse der Rechtsextremismus-Umfrage unter 2000 Berlinern und Brandenburgern sind besorgniserregend. Denn immerhin tragen sich zehn Prozent der Befragten mit dem Gedanken, ihre Stimme bei der nächsten Wahl einer rechtsextremen Partei zu geben. Erschreckend ist auch, wie viele Menschen Thesen auf den Leim gehen, die antisemitisch und ausländerfeindlich geprägt sind oder den Nationalsozialismus verherrlichen. Ohne einer tiefergehenden Ursachenforschung vorgreifen zu wollen, liegt es auf der Hand, wie dieses Problem angegangen werden muß: Mit historischer Aufklärungs- und politischer Bildungsarbeit. Die sollte schon in den Schulen viel intensiver betrieben werden. Aber auch die demokratischen Parteien täten gut daran, Ursachen, Realität und Folgen des Nationalsozialismus stärker zu thematisieren. Schließlich ließen jüngst sogar mehrere Bezirksbürgermeister (alle Mitglieder in großen Volksparteien) auf diesem Gebiet Wissenslücken erkennen.
Braunes Gedankengut
(Berliner Zeitung)Für ihre Studie befragten die beiden Politik- und Sozialwissenschaftler Richard Stöss und Oskar Niedermayer 2 000 Menschen. Jeweils rund 500 davon kamen aus Ost- und aus WestBerlin, aus dem "Speckgürtel" direkt um Berlin und aus den stadtfernen Teilen des Landes Brandenburg.
In Berlin stellten sie dabei keine Unterschiede in der Verteilung rechts- extremer Weltbilder fest: sechs Prozent in Ost und West. In dem Teil Brandenburgs in der unmittelbaren Umgebung von Berlin liegt der Anteil der Menschen mit einem rechten Weltbild bei neun Prozent, an den äußeren Grenzen Brandenburgs bei 13 Prozent.
Das Wahlverhalten der Menschen mit rechtsextremer Gesinnung bildet sich in Umfragen oft nicht korrekt ab. Auf die Frage, welche Partei sie am nächsten Sonntag wählen würden, antworteten die meisten (30 Prozent) der Menschen mit einem rechtsextremen Weltbild "SPD". Andere Antworten gab es auf die weniger direkte Frage "Würden Sie unter Umständen eine rechte Partei wählen?" Hier bekannten sich 26 Prozent der Berliner und 31 Prozent der Brandenburger Extremen zu ihrer Gesinnung.
Quelle: BM, Berliner Zeitung